Bayern in letzter Minute enttrohnt: Hessen ist Deutscher Meister der Damen im Rollstuhlbasketball
Am 09. und 10. September spielten die besten Damen des deutschen Rollstuhlbasketballs in Heidelberg um die Deutsche Meisterschaft. Sieben Landeskader traten in einem packenden zweitägigen Turnier an, in dem sich das Team aus Hessen in einem sensationellen Finale durchsetzte.
Der Deutsche Rollstuhl-Sportverband veranstaltete damit das zweite Mal in Folge die Deutsche Meisterschaft der Damen (DMD) in Heidelberg. Hier stimmt einfach das Umfeld: Mehrere Hotels in direkter Nähe, zwei Hallen direkt nebeneinander und die SG Heidelberg-Kirchheim (SGK) mit ihrer Rollstuhlbasketball Abteilung, also den Rolling Chocolate, als tatkräftige Partnerin vor Ort.
Hoher Puls noch vor dem Start
Normalerweise setzen wir den Dank an verschiedenste Parteien immer an das Ende unserer Artikel. Das wird auch dieses Mal so sein und trotzdem gehören der Dank an den TSV Wieblingen, den USC Heidelberg und die MLP Academics ausnahmsweise an den Beginn des Berichts:
Der Puls des Organisationsteams von DRS und der SGK schnellte nämlich spontan in der Höhe, als am Samstag Morgen sowohl in Halle 1, als auch in Halle 2 die Technik versagte. Zunächst fiel in einer Halle eine 24 Sekunden-Anzeige aus, danach in der anderen Halle die komplette Anzeigetafel. Der USC Heidelberg, die MLP Academics und der TSV Wieblingen haben aber spontan ihr entspanntes Samstags-Frühstück unterbrochen und uns mit mobilen Analagen ausgeholfen und so einen technisch einwandfreien Ablauf wieder hergestellt. Vielen Dank für diese klasse Unterstützung unter Basketballern!!!
Rolling Chocolate hatten wichtige Rolle im Team BaWü/RLP
Die Damen der Rolling Chocolate spielen im Landeskader Baden-Württemberg/Rheinland-Pfalz. In diesem Kader von Coach Sebastian Holzheu, einem ex-Heidelberger, spielten die Freiburgerinnen Melanie Andrä, Anne-Sophie Risse, die Nationalspielerin Nathalie Passiwan, Valeska Finger, Kim Zettlitz und die Nationalspielerin Amanda Fanariotis als Spielertrainerin. Zu diesen sechs Spielerinnen kamen sechs Chocolates: Uta Herrn-Krüger, Nina Challand, Chocolate Captain Nadja Verhoeven, unsere Trainerin von Team 2, Nicole Fiedler, und die Chocolate Rookies Franca Frey und Julia Piazolo.
Speziell für Franca und Julia war es etwas Besonderes, ohne ein einziges Rollstuhlbasketball-Ligaspiel schon bei der Deutschen Meisterschaft der Damen spielen zu dürfen. Insbesondere in einer Mannschaft, der insbesondere aufgrund von Amanda Fanariotis und Nathalie Passiwan vielleicht nicht der Turniersieg zugetraut, aber durchaus die Chance eingeräumt wurde, um eine Medallie mitzuspielen.
Die Gruppenphase
Am ersten Turniertag spielten die Teams in einer Gruppenphase, um sich dort für die Halbfinals zu qualifizieren. In Gruppe A spielten Vorjahresfinalist Hamburg, Hessen, NRW und Team Ost, das Team von ex-Chocolate Coach Thomas Gumpert, gegeneinander und in Gruppe B Team BaWü/RLP, Bremen/Niedersachen und die Vorjahressiegerinnen aus Bayern.
Hamburg musste dabei ohne die Centerin Mareike Miller auskommen und konnte deshalb nicht an die Leistungen aus dem letzten Jahr anknüpfen. Dafür wurde die Gruppe A durch Team Hessen dominiert: Insbesondere mit Katharina Lang und Catharina Weiß hatte Team Hessen zwei starke Spielerinnen, die vor kurzem noch zusammen bei der WM in Dubai gespielt haben. Sie setzten sich eindeutig als Gruppensiegerinnen durch. Auf Platz 2 der Gruppe landete das Team Ost.
In Gruppe B dominierten die Titelverteidigerinnen aus Bayern und ließen auch den Chocolates im Team BaWü/RLP keine wirkliche Chance. Dafür war das Spiel gegen Bremen/Niedersachsen ein kleiner Schub für das Selbstbewusstsein: 42:16 war ein wirklich deutliches Ergebnis und so sicherte man sich Gruppenplatz 2. Dabei wurde im Spiel gegen Bremen/Niedersachsen sogar eine ganze Zeit lang mit einer „Heidelberger Aufstellung“ gespielt.
Die Halbfinal-Spiele
Die Halbfinal-Begegnungen lauteten Team Hessen gegen BaWü/RLP und Team Bayern gegen Niedersachesen Bremen. NRW, Niedersachen/Bremen und Hamburg traten zu den Spielen um die Plätze fünf bis sieben an.
Im Halbfinale Bayern vs Team Ost schafften die Bayern es noch in der ersten Halbzeit einen Vorsprung herauszuspielen und ein Vorsprung von etwa 10 Punkten zog sich über die gesamte Spielzeit dann hinweg (Endergebnis 58:49). So zogen die Bayern erneut in das Finale ein.
Im zweiten Halbfinale Hessen vs BaWü/RLP dominierten die Hessen und gewannen vollkommen verdient deutlich mit 75:37. Somit stand das Finale Hessen gegen Bayern fest und im Spiel um Platz 3 sollte das Team Ost gegen BaWü/RLP um eine Medallie kämpfen.
In den Spielen um die Plätze fünf bis sieben machte sich bemerkbar, dass die Weltklasse Spielerin Mariska Beijer Hannover United in Richtung Niederlande verlassen hat und deshalb nicht mehr für Bremen/Niedersachen spielte. Zwar spielte ihre jahrelange Teamkollegin Vanessa Erskine ein sensationelles Turnier und wurde später absolut verdient zur MVP des Turniers gewählt, das änderte aber nichts daran, dass ihr Team in den Platzierungsspiele große Schwierigkeiten hatte und zwei Mal deutlich verlor.
Kampf um die Medallien
Im Spiel um Platz 3 trafen die Chocolates mit dem Team BaWü/RLP auf Thomas Gumperts Team Ost. BaWü/RLP Coach Sebastian Holzheu entschied, in diesem Spiel keine Wechsel vorzunehmen. Amanda Fanariotis, Nathalie Paßiwan und die drei Chocolates Uta Herrn-Krüger, Nadja Verhoeven und Franca Frey spielten durch. Für die fünf wurde es ein hartes Spiel und die Entscheidung keine Wechsel vor zu nehmen wurde von einigen auch kritisch gesehen. Dadurch, dass das Spiel aber die ganze Zeit über eng war, wäre ein Wechsel zu jedem Zeitpunkt ein Risiko gewesen und lange fuhr man mit der Taktik auch gut. Kurz vor Schluss schaffte Team Ost es aber, sich etwas abzusetzen und gewann 51:45.
Ein kleiner, schöner Moment der Fairness zeigte sich in diesem Spiel, als das Team BaWü/RLP dem gegnerischen Team bei einem kaputten Laufrad ausgeholfen hat.
Auch wenn das Team BaWü/RLP leider keine Medallie geholt hat, hat das Team eine tolle Leistung gezeit. Insbesondere einige unsere Chocolates sind trotz großem Druck und zwei anstregenden Turniertagen über sich hinaus gewachsen. Was sie gezeigt haben erweckt große Erwartungen an Leistung und Ehrgeiz für die nächste Saison. Herzlichen Glückwunsch, Mädels!
Das Finale der DMD startete nahezu zeitgleich mit dem Finale der FIBA-Weltmeisterschaft in Manila. So einige Zuschauer verfolgten das WM-Finale parallel, aber das Spiel in Heidelberg konnte definitiv in Sachen Spannung mit der WM mithalten.
Im Finale dominierte zunächst Team Bayern, die das ganze Turnier über pressten und damit Team Hessen sichtbar Probleme bereiteten. So stand es zur Halbzeit 24:16 und Hessen machte nicht den Eindruck sich noch einmal aufbäumen zu können. Doch das taten sie und holten auf. Kurz vor Schluss stand es nur noch 40:35 für Team Bayern und die Trainerin von Hessen, Anna-Maria Müller, nahm eine Auszeit. Diese Auszeit schien zu wirken.
Im Angriff danach vergaßen die Bayern, die pressten, Katharina Lang, die einen Pass über das halbe Feld von Junioren Nationalspielerin Saskia Zimmermann bekam und mit einem 1:0 Korbleger auf 40:37 verkürzte.
Die Bayern bekamen keinen Punkt mehr zustande und Saskia Zimmermann verkürzte für Hessen aus der Zone auf 40:39. Danach folgte ein wenig wilder Basketball, aber Catharina Weiß schaffte es bei einem 1:0 Korbleger nach einem langen Pass von Katharina Lang die Ruhe zu bewaren und brachte die 41:40 Führung für Team Hessen, was Bayern als einen Analass für eine Auszeit nahm.
Im nächsten Angriff wurde Laura Fürst aus Team Bayern im Wurf gefoult. Sie bekam die undankbare Aufgabe nach einem so langen Turnier in einem engen Spiel Sekunden vor Schluss mit viel Druck zwei Freiwürfe zu werfen. Sie verwarf beide und trotzdem kam Bayern an den Rebound. Gesche Schünemann verwarf aber und dann kam Hessen an den Ball. Die machten das clever, ließen sich nicht foulen und brachten die Führung über die letzten paar Sekunden.
Team Hessen führte in diesem Finale nie mehr als mit einem Punkt und schlug trotzdem oder gerade wegen dieses einen Punktes das Team Bayern mit 41:40. Das Team Hessen bestehend aus Lisa Nothelfer, Barbara Groß, Catharina Weiß, Maria Kress, Katharina Lang, Sarah Heibutzki, Leonie Büdenbender Saskia Zimmermann und der Trainerin Anna-Maria Müller ist Deutscher Meister der Damen im Rollstuhlbasketball 2023!
Die Siegerehrung
Zunächst wurden das gewählte All-Star-Team geehrt. Das All-Star Team besteht in diesem Jahr aus Catharina Weiß, Melanie Böhm, Lisa Bergenthal, Katharina Lang und Kathrin Rieder. Zum MVP wurde Vanessa Erskine gekürt und die beste junge Spielerin, von der wir in Zukunft eine Menge erwarten dürfen, ist Saskia Zimmermann.
Die finale Platzierung der Teams der DMD 2023:
- Hessen
- Bayern
- Team Ost
- Baden-Württemberg/Rheinland-Pfalz
- Nordrhein-Westfalen
- Hamburg
- Niedersachen/Bremen
Wir gratulieren allen Spielerinnen zu ihren Einzelauszeichnungen und Teamerfolgen und bedanken uns sehr herzlich für ein großartiges Turnier, das bis zur letzten Sekunde so spannend blieb.
Das Fazit der DMD
Die Rolling Chocolate sind sehr stolz, dass wir eine so wichtige Veranstaltung des DRS zum zweiten Mal in Folge bei uns in Heidelberg austragen durften. Dass wir uns auch nächstes Jahr in Heidelberg wiedersehen, ist durchaus wahrscheinlich.
Grundsätzlich ist uns die Förderung der Damen in diesem häufig Männer-dominierten Sport ein großes Anliegen. Das zeigt sich auch dadurch, das eine Vielzahl an Spielerinnen aus Heidelberg beim Queens Cup in Halle und auch jetzt bei der DMD vertreten waren. Wir sind absolut überzeugt davon, dass diese Veranstaltungen notwendig sind und die Spielerinnen bei den Lehrgängen im Landeskader und an den Turniertagen viel lernen. Diese Veranstaltungen machen unsere Teams besser!
Deshalb möchten wir uns bei allen bedanken, die daran beteiligt sind und waren, diese Veranstaltung zu ermöglichen. Danke an den DRS, namentlich insbesondere Steffi Rabert für die Organisation der Veranstaltung. Danke an Bernd Fuhrmann für die Turnierleitung und auch an die Schiedsrichter. Auf und neben dem Feld sind wir mit euren Entscheidungen nicht immer einverstanden und tun das auch kund. Aber wir wissen auch, was ohne euch auf dem Feld los wäre…
Vielen Dank auch an unseren Hauptverein, die SGK, dass ihr uns wieder viel unterstützt habt. Wir danken auch allen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer am Kampfgericht, beim Livestream, beim Catering, beim Auf- und Abbau… Hier lassen sich nicht alle Aufgaben und Personen aufzählen, aber auch wenn ihr vielleicht nicht die Gesichter der Veranstaltung seid, würde sie ohne euch nicht stattfinden können. Ohne euch würden wir wohl keine gescheiten Rollstuhlbasketballspiele spielen oder sehen können. Danke, dass ihr uns das ermöglicht!
Apropros „Rollstuhlbasketballspiele sehen“: Es war eine nette Abwechslung zum normalen Regionalligaspielbetrieb so viele Fans in der Halle zu haben. Ihr habt für eine tolle Atmosphäre gesorgt und wir hoffen, dass wir euch auch in der Saison bei unseren Heimspielen begrüßen dürfen. Schaut einfach mal auf unseren Spielplan und kommt am besten gleich am 1. Oktober zu den Spielen der DRS Pokal-Vorrunde nach Heidelberg.
Ein großes Dankeschön auch an unsere Fotografen: Matthias Born, Danny-Ralph Cäsar und Yves Challand!